In der heutigen Geschäftswelt können Best Practice Frameworks im Bereich Projektmanagement und IT Service Management (ITSM) ein wesentlicher Faktor für den Geschäftserfolg sein. Sie bieten strukturierte Methoden und bewährte Verfahren, um Projekte effizient zu steuern und IT-Services optimal zu verwalten. Als Trainer, die diese Frameworks vermitteln, stehen auch unsere Teammitglieder Steffen Wendel und Franziska Herbst vor der anspruchsvollen Aufgabe, die Kluft zwischen Theorie und Praxis zu überbrücken.
Im nachstehenden Interview geht Steffen Wendel, seit über 20 Jahren Trainer und Consultant, auf die damit einhergehenden Herausforderungen ein und bietet Ansätze, wie sie gemeistert werden können.
Best Practice Frameworks sind häufig allgemein gehalten, um auf verschiedene Organisationen anwendbar zu sein. In der Praxis jedoch hat jede Organisation ihre eigene Kultur, Arbeitsweise und spezifische Herausforderungen. Als Trainer bist Du darauf fokussiert, die theoretischen Grundlagen an die jeweilige Organisationskultur anzupassen. Hierfür gilt es im ersten Schritt ein Verständnis für die individuelle Organisationskultur zu entwickeln und Beispiele aus der Praxis der jeweiligen Branche integrieren, um die Relevanz und Anwendbarkeit der Frameworks zu verdeutlichen. Je nachdem, wie Reif die Organisation in der Verwendung der theoretischen Grundlagen ist, kann es hierfür notwendig sein, dass zu beginn erst einmal ein gemeinsames Verständnis für den Bedarf dieser Vorgehensweise und ihrer Vorteile geschaffen wird.
In der Theorie werden Best Practice Frameworks wie ITIL oder PRINCE2 idealtypisch dargestellt. Die Realität in Unternehmen sieht jedoch oft anders aus. Hier muss man flexibel und anpassungsfähig sein, um jeweils den fürs Unternehmen bestmöglichen Weg zu finden.
Mitarbeitende und Führungskräfte sind zudem oft skeptisch gegenüber neuen Methoden und Frameworks, insbesondere wenn diese Veränderungen in bestehenden Prozessen und Arbeitsweisen erfordern. Es ist daher umso wichtiger, ein Bewusstsein für die Vorteile der neuen Vorgehensweisen, Prozesse zu schaffen und alle Beteiligten einzubeziehen. Schulungen und Workshops sind hilfreich, um die Vorteile und die praktische Anwendung zu verdeutlichen.
Möchte man Mitarbeitende gezielt mitnehmen, gilt es neben der eigentlichen Vision also dem „Warum machen wir das?“, realistische Ziele zu setzen und die schrittweise umgesetzt werden, anstatt alles auf einmal umzusetzen.
In einem früheren Projekt waren die Mitarbeitenden mit ihrer regulären Arbeit bereits so stark ausgelastet, dass sie kaum bzw. keine Kapazitäten für zusätzliche Themen hatten. Mit dem Projekt wurden ihnen neue Aufgaben obendrauf gelegt, ohne dass der benötigte Ausgleich geschaffen wurde. Sie hatten schlichtweg keine Möglichkeit die Projektaufgaben effektiv zu bearbeiten und das Projekt geriet zunehmend in Verzug. Ein entscheidender Faktor war hier das fehlende Verständnis und die mangelnde Unterstützung seitens der Führungsebene.
Wenn die Führung nicht aktiv mitgeht und die Notwendigkeit von Veränderungen nicht top-down fördert, bleibt die Umsetzung in der Praxis oft auf der Strecke. Ohne eine klare Förderung von oben z. B. durch das Schaffen von Freiraum und das Mitziehen aller Beteiligten, bleibt Theorie nur Theorie und die Praxis scheitert an der Realität.
Ja, definitiv. Die Theorie von Best Practice Frameworks kann abstrakt wirken, wenn keine praxisnahen Beispiele oder Übungen zur Verfügung stehen. Es ist entscheidend, dass alle Beteiligten über ein einheitliches Verständnis verfügen, wie sie die Theorie in ihren Arbeitsalltag integrieren. Mit den Alltagsaufgaben der Beteiligten können die verschiedenen Themen im Zuge eines Projekts schnell umfangreich und unübersichtlich werden, was es schwierig macht, alle Aspekte im Blick zu haben und anzuwenden.
Große Unternehmen haben oft einfach mehr Ressourcen und können umfassendere Implementierungen und Schulungsmaßnahmen vornehmen. Sie verfügen häufig bereits über gezielte Konzepte, Strukturen und Tools zum effektiven Wissensmanagement. Allerdings bringen diese Strukturen auch Herausforderungen mit sich, da es mit ihnen immer mal auch zu fachlichen Silos kommen kann, die es im Zuge der Projektarbeit aufzubrechen gilt. Projektmitarbeitende aus verschiedenen Bereichen benötigen einen gemeinsamen Blick auf die Projektziele und -umfänge sowie eine effektive abteilungsübergreifende Zusammenarbeit. Zudem kann eine gewisse Trägheit auftreten, wenn Strukturen sich so stark etabliert haben, dass Entscheidungen lange dauern und Veränderungen nur schwerfällig umgesetzt werden können.
Kleinere Unternehmen müssen oftmals kreativer sein und Kompromisse eingehen, da ihnen einfach weniger Ressourcen zur Verfügung stehen. Wie bei großen Unternehmen auch, ist es besonders wichtig sicherzustellen, dass den Projektmitarbeitenden ausreichend Zeit zur Verfügung steht, um ihre Verantwortung im Projekt übernehmen zu können.
Gerade bei Unternehmen mit flachen Hierarchien ist der abteilungsübergreifende Austausch oft effektiver, und Abstimmungen werden schneller realisiert. Ihre Agilität ermöglicht es ihnen, sich schneller auf neue Anforderungen einzustellen. Dabei ist es auch hier entscheidend, die Mitarbeitenden dazu zu befähigen, sich auf Neues einzulassen und offen für Veränderungen zu sein/ bleiben. Unabhängig von der Unternehmensgröße ist es wichtig, dass alle Projektbeteiligten offen miteinander kommunizieren, die neuen Prozesse zur Unternehmenskultur passen und nachhaltig umgesetzt werden.
Kurzgefasst kann man hervorheben, ganz gleich in welchem Umfeld ein Projekt stattfindet, wie groß das Unternehmen ist, der Projekterfolg ist abhängig von der Förderung durch die Führungsebene(n).
Hängt oft von den Zielstellungen ab und welche ich setze. Oftmals werden keine ordentlichen Ziele gesetzt und somit kann nicht geprüft werden, wo man steht. Das führt wiederum zu Frust bei den Beteiligten.
Ich sehe es immer wieder, dass genau das eine Herausforderung darstellt. Hier setze ich mich in meiner jeweiligen Funktion dafür ein, direkt mit der Planung klare Zielstellungen und KPIs (Key Performance Indicators) zu definieren und ein System zur kontinuierlichen Überwachung und Bewertung der Fortschritte einzuführen. Auch dies immer an den Bedürfnissen und Möglichkeiten des jeweiligen Unternehmens, Prozesses oder Projekts ausgerichtet. Es gilt dabei besonnen, zielorientiert und kommunikationsstark vorzugehen, ist auch hier der Schlüssel zum Erfolg für mich.
Häufig hängt der Projekterfolg davon ab, welche Zielstellungen zu Beginn festgelegt werden. Werden am Anfang keine klaren und ordentlichen Ziele gesetzt, aus denen die für die Fortschrittsmessung erforderlichen KPIs abgeleitet werden können, weiß das Projektteam letztlich nicht genau, wohin es steuert, und kann nicht konkret überprüften, wo man gerade im Prozess steht. Das ist dann bissel, wie im Nebel stochern, man glaubt zu wissen, kann jedoch nur Vermutungen anstellen. Dies führt wiederum zu Frustration bei den Beteiligten, da unnötigerweise Unsicherheit und mangelnde Orientierung entstehen.
Es gibt immer mal Situationen, in denen gefühlt „alle unruhig werden“, weil es ein (vermeintliches) Problem gibt. Die Theorie lehrt uns, erst einmal genau hinzusehen, die Situation zu betrachten, Informationen einzuholen und zu bewerten, um daraus abzuleiten, ob es wirklich ein Problem gibt oder eigentlich alles in Ordnung ist. Die benötigten Informationen hat man vor allem dann, wenn man Fortschrittsmessungen durchgeführt und Daten gesammelt hat. Gibt es wirklich ein Problem, lassen sich mit den zusammengetragenen Informationen gezielte Lösungsansätze ableiten. es gibt. Auch diese Vorgehensweise lässt sich im (Projekt-)Erfolg eindeutig messen.
Unternehmen sollten sich auf die spezifischen Bedürfnisse und Gegebenheiten ihrer Organisation konzentrieren und nicht versuchen, alles eins zu eins aus dem Lehrbuch zu übernehmen. Die Umsetzung der Theorie in die Praxis ist ein Lernprozess und hier gilt es, kontinuierlich dranzubleiben, um stetig besser zu werden. So lerne auch ich nach Jahrzehnten in der IT, im Projektmanagement und in meinen Aufgaben als Trainer noch immer etwas dazu.
Ein zentraler Aspekt bei der Einführung von Frameworks ist wieder „klare Ziele definieren“ und den Mehrwert der Maßnahmen für die Mitarbeitenden und die verschiedenen Stakeholdergruppen hervorzuheben. Es ist wichtig, die Menschen mitzunehmen, sie auszubilden und ihnen den "Golden Circle" – also das "Why" hinter jeder Entscheidung – zu vermitteln.
Gerade in Zeiten von Ressourcenmangel wird es immer bedeutsamer Effizienz zu steigern, indem klare Prozesse, Rollen und Verantwortlichkeiten definiert werden. Was früher oftmals noch mit Stellenstreichungen verbunden war, dient heute dazu arbeitsfähig bei der Flut an Aufgaben zu bleiben.
Darüber hinaus sollten Erfolge gefeiert und Verbesserungen kontinuierlich verfolgt werden – alles Schritt für Schritt.
Da hätte ich dann jetzt gern mal die oft beschrieene Kristallkugel, um einen Blick in die Entwicklung zu werfen, die den Entwicklungen unserer Zeit einhergehen werden.
Grundsätzlich erwarte ich von den Methoden in der Zukunft, dass sie noch stärker auf Flexibilität und Anpassungsfähigkeit ausgelegt werden. In einer immer schneller werdenden Welt müssen die Methoden es uns ermöglichen, agil und effizient auf Veränderungen zu reagieren, ohne den Fokus auf die langfristigen Ziele zu verlieren. Es wird entscheidend sein, dass diese Methoden weiterhin eine klare Struktur bieten, gleichzeitig aber genug Raum lassen, um individuell auf die spezifischen Herausforderungen eines Projekts oder einer Organisation einzugehen. Außerdem erwarte ich, dass die Methoden mehr Gewicht auf die Förderung von Kreativität und Innovation legen, um in Zeiten von Ressourcenknappheit und ständigem Wandel nachhaltig Mehrwert zu schaffen. Der menschliche Faktor – das Einbinden, Ausbilden und Motivieren der Menschen – wird dabei immer im Mittelpunkt stehen.